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Mehr InformationenMuskelverspannungen beim Pferd sind ein häufiges und vor allem weitreichendes Problem. Daher soll es im folgenden Text um Muskelverspannungen und die Auswirkungen auf den Körper deines Pferdes, Triggerpunkte in der Muskulatur und die Frage gehen, wie es überhaupt zu der Muskelverspannung im Pferd kommen kann. Wir werden dazu die Pathophysiologie, also die Hintergründe, die im Körper ablaufen, beleuchten und auf den Rigorkomplex, die Totenstarre im lebenden Pferd, eingehen.
Muskelverspannung beim Pferd und das myofasziale Schmerzsyndrom
Zu Beginn sei gesagt, dass eine Verspannung mehr Auswirkungen auf den Körper hat als lediglich mehr Spannung in einem Muskel. Infolge von dauerhaft verspannten Muskelpartien kann es zu dem sogenannten myofaszialen Schmerzsyndrom kommen. Das bedeutet, dass dein Pferd Schmerzen aufgrund von Problemen und Funktionsstörungen in Muskeln und Faszien hat.
In der Humanmedizin ist das Syndrom bereits gut erforscht:
Beim Menschen ist das myofasziale Schmerzsyndrom weit verbreitet und eine der Hauptursachen für Schmerzen und Funktionsstörungen.
Gautschi/Böhni: Das myofasziale Schmerzsyndrom. Ätiologie und therapeutischer Ansatz. In: Manuelle Medizin.3. 2014.
Pferde können jedoch nicht sagen, dass sie Schmerzen haben und Schmerzdiagnostik beim Pferd ist aufgrund der Charakteristik eines Fluchttieres schwierig. Daher werden Probleme im Bewegungsapparat oft erst zu spät bemerkt. Dann nämlich, wenn schon langfristige orthopädische Schäden durch biomechanische Dysfunktionen hervorgerufen worden sind und das Pferd seinen Schmerz durch Lahmheit anzeigt. Davor sind aber durch die biomechanischen Dysfunktionen wahrscheinlich schon Nackenschmerzen, Kiefergelenksbeschwerden oder unspezifische Rückenschmerzen beim Pferd aufgetreten — sprich das Getriebe des Bewegungsapparats läuft nicht ganz rund.
Zusammengefasst kann also gesagt werden: Muskelverspannung bei Pferden mit aktiven Triggerpunkten — Knoten und/oder Hartspann, welche im folgenden zu reaktiven Bindegewebsveränderungen führen, lösen Schmerz und eine Funktionsstörungen des Muskels aus. Dies wird dann myofasziales Syndrom genannt.
Die Auslöser des myofaszialen Schmerzsyndrom
Die Auslöser für das Syndrom sind vielfältig und meist summieren sie sich. Als Beispiele könnten hier genannt werden: Trauma, Überdehnung, Überbelastung, Fehlbelastung, wiederkehrende Bewegungen im ungesunden Maß, andauernde Anspannung durch unphysiologische Körperhaltung im Training oder in der Haltung, Bewegungsmangel, Stress oder Witterung. Aber auch Schonhaltung durch Schmerzen in bestimmten Körperregionen kann zur Überlastung von anderen Regionen führen — z.B. eine aktivierte Arthrose, welche dann im Nachgang Rückenschmerzen durch veränderte Körperhaltung verursacht. Die Liste ist lang.
An dieser Stelle einmal ein kleiner statistischer Denkanstoß: 80 bis 90% der Schäden am Bewegungsapparat von Pferden entstehen durch wiederkehrende Einflüsse von innen und außen. Zu diesen Faktoren zählen Reiter, Equipment, Haltung, Fütterung, manipulierte Kopf-Hals-Haltung, Körperbau sowie muskuläre An- und Verspannung. Lediglich 10 bis 20% sind auf Traumata (heißt Verletzung durch plötzliche und unvorhergesehene Ereignisse) zurückzuführen. Lahmheiten durch Arthrose, Sehnenschäden, Hufgelenksentzündungen, Hufrollen-Syndrom, etc. entstehen statistisch gesehen also häufiger durch wiederkehrende Einflüsse von außen und innen! Durch Muskelverspannungen führen die genannten Faktoren zunächst zu biomechanischen kleinen und unscheinbaren Fehlfunktionen im Bewegungsapparat, Blockaden und reaktiven Bindegewebsreaktionen.
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Wie Muskelverspannung beim Pferd entstehen
Muskelarbeit ist die Erzeugung von mechanischer Energie. Zur Erzeugung verwendet der Körper unterschiedliche Energiequellen — Proteine, Kohlenhydrate und Fette. Sowie körpereigene Energiespeicher aus Fettgewebe, Muskel und Leber. Diese Energiequellen werden aufgespalten, gehen in den Blutkreislauf und dann wird aus chemischer Energie mechanische Energie produziert. Für diesen Schritt verwendet der Körper ATP. Ganz vereinfacht dargestellt, läuft der Prozess so ab: Das Pferd frisst, die Kohlenhydrate werden im Darm resorbiert, gelangen in das Blut und werden zu ATP umgewandelt. Dies wird dann genutzt für die Muskelaktivität.
Aerobes und anaerobes Training
Jetzt soll sich dein Pferd bewegen. Folglich braucht der Muskel ATP als Energiequelle. Davon liegt, wie oben beschrieben, eine kleine Menge gespeichert im Körper vor und die restliche Menge muss während der Bewegung produziert werden. Allerdings verläuft die Energiegewinnung unterschiedlich, je nach Sauerstoffsituation im Muskel.
- In den ersten wenigen Sekunden nutzt der Muskel intramuskuläres ATP — anaerob
- Nächste 10–30 Sekunden nutzt der Muskel Kreatinphosphat — anaerober Vorgang
- Dann sind die Speicher leer und müssen aufgefüllt werden — entweder aerob oder anaerob
- Anaerob: Energiegewinnung aus Kohlenhydraten — Glukose aus dem Blut oder die Speicherform Glykogen. Dabei entsteht Laktat (Milchsäure). Wird dieser Stoffwechselweg vermehrt genutzt, übersäuert der Muskel und es kommt zu Leistungsabfall.
- Aerob: Mit Sauerstoff um aus den Nährstoffen Fetten, Kohlenhydrate und gering anteilig Eiweiß ATP zu produzieren
Je nachdem wie, was und wie lange du trainierst, überwiegt einer der beiden Energiegewinnungen. Dies ist wichtig für die Zielsetzung im Training, da so entschieden wird, in welcher Trainingszone trainiert werden soll. Durch Systematik im Training kann eine Überforderung der Muskeln mit einhergehenden Schmerz vermieden werden und dein Pferd hat mehr Freude an eurem gemeinsamen Workout. Möchtest du mehr zu dem Thema wissen? Dann kann ich dir meine Podcastfolgen zum Training ans Herz legen. Oder besuche gleich meinen Kurs zur Gestaltung eines Trainingsplan. Denn Trainingszonen und Herzfrequenz für das Training zu nutzen, ist keine Raketenwissenschaft und ist sehr relevant für Jungpferde, Pferde nach Pause oder Krankheit und auch Freizeitpferde.
Der Rigorkomplex im lebenden Muskel
Der Körper deines Pferdes braucht also ATP zur Muskelkontraktion. Dabei entsteht die Kontraktion durch fadenförmige Proteine im Muskel. Durch den Querbrückenzyklus wird dann der Muskel bewegt und auch die Ausgangssituation wiederhergestellt. Wichtig ist hierbei, dass ATP sowohl zum Anspannen als auch im letzten Schritt zum Entspannen des Muskels benötigt wird. So erklärt sich auch die Totenstarre. Nach dem Eintritt des Todes wird kein neues ATP mehr produziert und somit fehlt der Weichmachereffekt durch das ATP im Muskel.
Warum gibt es nun Totenstarre im lebenden Pferd bei Verspannungen?
Das passiert natürlich nur in stark lokal begrenzten Bereichen im Muskel und betrifft nicht einen ganzen Muskel wie bei der echten Totenstarre. Diese lokal begrenzten muskulären Erscheinungen werden auch Triggerpunkte genannt.
Gänzlich erforscht sind die Triggerpunkte noch nicht. Bis dato werden sie über das Energiekrisenmodell erklärt. Die Dauerkontraktion durch die Muskelverspannung führt zu einem Kontraktionsknoten. Diese Knoten verengen die Gefäße und es kommt zu einer Minderdurchblutung mit nachfolgenden Sauerstoffmangel. Zusätzlich ist es so, dass bei einer Dauerkontraktion des Muskels der Energiebedarf steigt. Es wird also mehr ATP benötigt bei gleichzeitiger Minderdurchblutung. Das ATP erschöpft sich. Es kommt zu einer Energiekrise im Muskel. Der Weichmachereffekt bleibt aus. Die Muskulatur bleibt ineinander verhakt.
Auslöser für Muskelverspannung beim Pferd
- Bewegungsmangel: Fehlende zur Bewegung stimulierende Nervenimpulse für den Muskel, der Muskel ist durch die schlechtere Durchblutung mit wichtigen Nährstoffen und auch Sauerstoff unterversorgt. Die Folge: Verspannung der Muskulatur.
- Stress und Schmerz: Gehirn sagt Anspannung für Kampf oder Flucht — der Muskel spannt sich an. Bei anhaltendem Stress werden die Gefäße durch den Muskel und das vegetative Nervensystem (Sympathikus) verengt. Die Folge: Weniger Durchblutung, weniger Nährstoffe, weniger Sauerstoff — es kommt zur lokalen Energiekrise im Muskel.
- Einseitige Belastung — Der Körper versucht durch Muskelspannung in bestimmten Regionen zu kompensieren. Wird dies zum Dauerzustand, startet der Kreislauf der Energiekrise.
- Das gleiche gilt auch für Überbelastung: Durch Training kannst du die Kapillar/Gefäßdichte im Muskel erhöhen. Ebenfalls werden auch mehr rote Blutkörperchen gebildet. Beides sorgt für eine bessere Sauerstoffversorgung im Muskel. Ist der Trainingszustand nun unzureichend, dann haben wir wieder weniger Blut, Sauerstoff und Nährstoffe im Muskel und eine Energiekrise wird provoziert. Hier sei angemerkt, auch ein allgemeiner Nährstoffmangel durch eine unzureichende ausgewogene Futterversorgung verschlimmert die Situation.
Muskelverspannung beim Pferd und Schmerzen
Dass Triggerpunkte sehr schmerzhaft sein können, kennst du sicher von dir selbst.
Dieser Schmerz kann sowohl lokal begrenzt sein oder aber auch ausstrahlen in andere Körperregionen. Daneben und das ist nicht zu vernachlässigen entstehen reaktive Bindegewebsveränderungen im Umfeld des Muskels — Verklebungen, Fibrosen, Bindegewebszubildungen. Infolgedessen wird sich die Beweglichkeit weiter einschränken und es kann zu biomechanischen Dysfunktionen kommen. Die angrenzende Muskelfasern werden überdehnt und verlängern sich kompensatorisch. Der Sauerstoffmangel setzt außerdem weitere Entzündungsprozesse in Gang.
Wir haben also bei einer Verspannung nicht nur einen angespannten Muskel, sondern es wird eine ganze Verkettung an physiologischen Abläufen im Körper provoziert, wenn eine Anspannung in eine Dauerkontraktion übergeht.
Die schlechte Nachricht für die meisten Auslöser sind wir verantwortlich. Und gleichzeitig ist das auch eine gute Nachricht, denn so können wir für die Gesundheit unserer Pferde etwas ändern. Nicht auf alle Faktoren wie Aufzucht, Anreiten, Genetik haben wir als spätere Pferdebesitzer Einfluss, aber auf unfassbar viele schon. Lerne dein Pferd durch Massage und Mobilisation und systematisches Training, zu schützen.
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