Skip to content

Ganganalyse : 3 einfache Punkte zur Lahmheits-Erkennung

Teile diese Podcast-Episode auf:
Inhaltsverzeichnis

be­en­here

Das wichtigste in Kürze 

» Ganganalyse ist für je­den er­lern­bar: Die Fähigkeit, den Gang dei­nes Pferdes zu be­ur­tei­len, ist kein an­ge­bo­re­nes Talent, son­dern eine trai­nier­ba­re Fähigkeit, die du durch sys­te­ma­ti­sches Beobachten schu­len kannst.
» Nutze dein Smartphone als Analyse-Tool: Videoaufnahmen er­mög­li­chen dir eine stress­freie und wie­der­hol­ba­re Analyse. Konzentriere dich da­bei auf drei Schlüsselpunkte: die Bewegung von Widerrist, Becken und Schweif.
» Du bist der Anwalt dei­nes Pferdes: Da Lahmheit im­mer ein Ausdruck von Schmerz ist, wirst du durch dein ge­schul­tes Auge zum wich­tigs­ten Gesundheitsmanager und kannst früh­zei­tig die rich­ti­gen Entscheidungen für dein Pferd tref­fen.
(Siehe dazu auch den Artikel: “Schmerz oder Erziehungsfrage?”)

Ganganalyse: Reines Talent oder erlernbare Fähigkeit?

„Mein Pferd läuft ir­gend­wie ko­misch.“ Ein Satz, der vie­len Pferdebesitzern be­kannt vor­kommt und oft der Beginn ei­ner lan­gen Reise ist. Doch was be­deu­tet „ko­misch“? Ist es eine ge­ring­gra­di­ge Lahmheit, eine Verspannung oder nur ein schlech­ter Tag? Die sub­jek­ti­ve Ganganalyse – also das Beurteilen der Bewegung mit dem ei­ge­nen Auge – ist die Grundlage für jede wei­te­re Entscheidung. Doch vie­le füh­len sich über­for­dert und den­ken, sie hät­ten ein­fach nicht den „Blick“ dafür.

Die gute Nachricht zu­erst: Das Erkennen von Unregelmäßigkeiten im Gangbild ist kei­ne Frage des Talents, son­dern eine er­lern­ba­re Fähigkeit. Selbst er­fah­re­ne Tierärzte und Therapeuten ge­ben zu, dass sie am Anfang ih­rer Laufbahn oft das Gefühl hat­ten, „blind“ zu sein. Der Schlüssel liegt nicht in ei­nem an­ge­bo­re­nen Genie, son­dern in ei­nem sys­te­ma­ti­schen Vorgehen. Ohne ei­nen kla­ren Plan, wo­hin man schau­en soll, springt der Blick un­kon­trol­liert von den Hufen über den Rücken zum Kopf – und am Ende hat man zwar al­les, aber doch nichts Konkretes gesehen. 

Warum das Auge ein System braucht, um Lahmheit zu sehen

Ohne eine fes­te Struktur nei­gen wir dazu, un­se­ren Fokus zu zer­streu­en. Man kon­zen­triert sich viel­leicht auf das Fesselgelenk hin­ten rechts, wäh­rend die ei­gent­li­che Ursache an der Schulter vor­ne links liegt. Dieses Fehlen ei­nes men­ta­len Leitfadens führt zu zwei Extremen: Entweder man sieht gar nichts, ob­wohl das Pferd Schmerzen hat, oder man in­ter­pre­tiert in ein völ­lig ge­sun­des Pferd eine Lahmheit hin­ein, weil man sich auf Kleinigkeiten fixiert. 

Eine struk­tu­rier­te Ganganalyse schult das Auge dar­auf, phy­sio­lo­gi­sche, also ge­sun­de Bewegungen von Abweichungen zu un­ter­schei­den. Dieses Wissen ist die Basis, um im Gespräch mit Tierärzten oder Therapeuten die rich­ti­gen, kri­ti­schen Fragen stel­len zu kön­nen. Es geht nicht dar­um, selbst eine Diagnose zu stel­len, son­dern dar­um, eine fun­dier­te Beobachtungsgabe zu entwickeln. 

Dein Smartphone als wertvollstes Analyse-Tool

Ganganalyse Pferd

In der heu­ti­gen Zeit ha­ben wir ei­nen un­schätz­ba­ren Vorteil: das Smartphone. Ein kur­zes Video von dei­nem Pferd im Schritt und Trab ist Gold wert. Der flüch­ti­ge Moment, in dem das Pferd an dir vor­bei­läuft, lässt sich so be­lie­big oft wie­der­ho­len, ver­lang­sa­men und in Ruhe analysieren. 

Das hat meh­re­re Vorteile:

Vergleichbarkeit: Regelmäßige Videos er­mög­li­chen es dir, Veränderungen im Zeitverlauf ob­jek­tiv zu be­wer­ten und den Erfolg von Training oder Therapie zu überprüfen.

Weniger Stress für das Pferd: Du musst ein po­ten­zi­ell lah­mes Pferd nicht un­zäh­li­ge Runden tra­ben lassen. 

Analyse in Ruhe: Du kannst dir das Video spä­ter ohne den Druck der Live-Situation an­se­hen und die ein­zel­nen Kriterien sys­te­ma­tisch durchgehen.

Wenn dich mo­der­ne Analysemethoden in­ter­es­sie­ren, lies ger­ne auch den Artikel: “KI-Ganganalyse: Besser als das mensch­li­che Auge?”

Worauf du achten solltest: 3 konkrete Tipps für deine Ganganalyse

Um dir den Einstieg zu er­leich­tern, kon­zen­trie­re dich zu­nächst auf drei mar­kan­te Körperregionen. Beobachte dein Pferd da­für am bes­ten im Trab, wäh­rend es bei­spiels­wei­se an ei­nem Koppelzaun ent­lang­läuft. Die ho­ri­zon­ta­le Linie des Zauns dient da­bei als per­fek­ter vi­su­el­ler Referenzpunkt.

Der Widerrist als Taktgeber

Bei ei­nem ge­sun­den Pferd be­wegt sich der Widerrist im Trab in ei­ner gleich­mä­ßi­gen, wel­len­ar­ti­gen Bewegung rhyth­misch auf und ab. Im Verhältnis zur Zaunlinie taucht er im­mer gleich weit auf und wie­der ab. Bei ei­ner Lahmheit in der Vorhand wird die­se Bewegung asym­me­trisch. Der Widerrist „hüpft“ auf dem schmer­zen­den Bein oft deut­lich mehr nach oben, um es schnel­ler zu ent­las­ten, und senkt sich auf dem ge­sun­den Bein we­ni­ger stark ab. Die har­mo­ni­sche Welle wird zu ei­nem un­ru­hi­gen Hüpfen.

Das Becken: Hüpfen statt Schwingen

Ähnliches gilt für die Hinterhand. Betrachte den höchs­ten Punkt der Kruppe. Auch die­ser soll­te sich auf bei­den Seiten gleich­mä­ßig auf und ab be­we­gen. Liegt eine Lahmheit in der Hinterhand vor, kommt es oft zu ei­nem so­ge­nann­ten „Beckenhüpfen“. Das Pferd stößt sich auf dem schmer­zen­den Bein stär­ker nach oben, um die Belastungsphase zu ver­kür­zen. Die Bewegung ver­liert ihre Symmetrie und wirkt stoßartig. 

Der Schweif als Spiegel der Losgelassenheit

Der Schweif ist ein oft un­ter­schätz­ter Indikator für das Wohlbefinden. Ein los­ge­las­se­nes, schmerz­frei­es Pferd trägt sei­nen Schweif ent­spannt und lässt ihn im Takt der Bewegung pen­deln. Achte da­bei auf die Schweifspitze. Folgende Anzeichen deu­ten auf Verspannungen oder Schmerzen hin:

  • Geklemmter Schweif: Das Pferd klemmt den Schweif fest zwi­schen die Hinterbeine. 
  • Schweifschlagen oder ‑pin­seln: Unruhige, schla­gen­de Bewegungen kön­nen auf Unbehagen oder Schmerzen hindeuten. 
  • Schiefer Schweif: Ein kon­stant schief ge­tra­ge­ner Schweif ist ein häu­fi­ges Zeichen für Asymmetrien und Blockaden.

Wichtig: Betrachte im­mer das Gesamtbild! Ein ein­zel­nes Schweifschlagen an ei­nem mü­cken­rei­chen Tag ist kein Grund zur Panik. Erst wenn meh­re­re Anzeichen zu­sam­men­kom­men oder ein Symptom dau­er­haft auf­tritt, soll­test du ge­nau­er hin­schau­en und das Verhalten im Gesamtkontext bewerten. 

(Siehe zu die­sem Thema auch den Artikel: “Rückenschmerzen bei Pferden be­han­deln”)

Der Sonderfall: Was bei Gangpferden zu beachten ist

Isländer, Paso Peruanos und an­de­re Gangpferde stel­len eine be­son­de­re Herausforderung dar, da ihre Bewegungsabläufe kom­ple­xer sind. Doch auch für sie gel­ten Grundprinzipien der Symmetrie. Die wich­tigs­te Regel: Ein ge­sun­des Pferd soll­te in der Lage sein, eine Gangart takt­klar und über eine län­ge­re Strecke zu halten. 

Wenn dein Pferd stän­dig zwi­schen den Gängen wech­selt, kei­nen kla­ren Tölt oder Trab fin­det und du das Gefühl hast, ei­nen „Gänge-Salat“ zu rei­ten, ist das ein deut­li­ches Warnsignal. Dieser Taktverlust wird oft fälsch­li­cher­wei­se auf den Reiter oder die Gangveranlagung ge­scho­ben, kann aber ein kla­res Anzeichen für eine zu­grun­de­lie­gen­de Lahmheit sein, die das Pferd am Halten des Taktes hindert. 

Fazit: Du bist der wichtigste Anwalt für die Gesundheit deines Pferdes

Lahmheit ist ein Schmerzvermeidungsverhalten. Sie zu er­ken­nen, ist eine der wich­tigs­ten Aufgaben als Pferdebesitzer und ein ent­schei­den­der Aspekt des Tierschutzes. Indem du lernst, die Bewegung dei­nes Pferdes sys­te­ma­tisch zu ana­ly­sie­ren, ent­wi­ckelst du ein fei­nes Gespür für sei­nen Normalzustand. Du wirst zum wich­tigs­ten Anwalt für sei­ne Gesundheit, kannst Training und Management bes­ser an­pas­sen und im ent­schei­den­den Moment die rich­ti­gen Maßnahmen er­grei­fen. Du gibst dei­nem Pferd eine Stimme, in­dem du lernst, sei­ne Sprache – die Bewegung – zu verstehen.

(Zur Vertiefung ei­ner häu­fi­gen Lahmheitsursache, sie­he auch den Artikel: “Sehnenschaden beim Pferd: Die 3 größ­ten Aufbau-Fehler”)

Möchtest du dein Auge wei­ter schu­len und tie­fer in die Materie der Ganganalyse ein­tau­chen? Die Expertinnen die­ses Podcasts, Katharina und Claudia von OsteoDressage, bie­ten ei­nen um­fas­sen­den Onlinekurs zur Ganganalyse an. Als Mitglied der Kernkompetenz-Pferd-Welt pro­fi­tierst du zu­dem im kom­men­den Monat von ex­klu­si­ven Videoanalysen und Live-Sessions mit den bei­den als Gastdozentinnen.

KKP Logo transparent
Kernkompetenz Pferd Welt
Die Stallgemeinschaft, die du dir im­mer ge­wünscht hast
Bestimmt kennst du das…

Du weißt ein­fach nicht, wie du Fortbildungen zur Pferdegesundheit ne­ben Beruf, Familie und Pferdeversorgung un­ter­brin­gen sollst? 

Zudem be­las­ten dich un­er­war­te­te Tierarztkosten und an­de­re fi­nan­zi­el­le Verpflichtungen und gro­ße Kurse ab 400€ und Ausbildungen von 1.000€ und mehr sind da­her für dich nicht mach­bar

Daher denkst du oft “Ich hät­te sehr ger­ne teil­ge­nom­men.”, “Derzeit passt es lei­der nicht — ich hof­fe ich kann beim nächs­ten Mal da­bei sein.” und hast ein schlech­tes Gewissen, Frust oder Traurigkeit ma­chen sich breit. 

In dei­nem Stall fehlt dir aber der fach­li­che Austausch und bei Einführung von neu­en Dingen wirst du schief an­ge­schaut, die Augen wer­den ge­dreht und lä­chelnd mit dem Kopf ge­schüt­telt.

Diese Situation wur­de mir jah­re­lang be­rich­tet und im­mer wie­der hat­te ich schlaf­lo­se Nächte, wie wir das al­les un­ter ei­nen Hut be­kom­men können.

Werde jetzt Mitglied in der KKP Welt
Die Stallgemeinschaft, die du dir im­mer ge­wünscht hast!

Pferdefortbildung für mehr Gesundheit: 


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Woran er­ken­ne ich eine leich­te Lahmheit beim Pferd?

Achte auf Asymmetrien in der Bewegung. Ein un­gleich­mä­ßi­ges Auf und Ab des Widerristes kann auf eine Vorderbeinlahmheit hin­deu­ten, wäh­rend ein ein­sei­ti­ges „Hüpfen“ der Kruppe oft auf Probleme in der Hinterhand hin­weist. Auch ein ge­klemm­ter oder schla­gen­der Schweif sind wich­ti­ge Anzeichen.

Ist eine Ganganalyse nur et­was für Tierärzte?

Nein, je­der Pferdebesitzer kann und soll­te die Grundlagen der Ganganalyse ler­nen. Es geht dar­um, Abweichungen von der nor­ma­len Bewegung zu er­ken­nen, um früh­zei­tig re­agie­ren und ge­zielt ei­nen Experten (Tierarzt, Therapeut) hin­zu­zie­hen zu können.

Wie kann ich die Ganganalyse am bes­ten üben?

Nimm kur­ze Videos von dei­nem Pferd im Schritt und Trab auf, idea­ler­wei­se von der Seite, von vor­ne und von hin­ten. So kannst du dir die Bewegungen in Ruhe, in Zeitlupe und mehr­fach an­se­hen, ohne das Pferd zu überlasten.

Mein Pferd läuft nur „ko­misch“, aber nicht rich­tig lahm. Sollte ich trotz­dem han­deln?

Ja, un­be­dingt. Pferde sind Meister im Kompensieren von Schmerzen. Ein „ko­mi­scher“ Gang oder Rittigkeitsprobleme sind oft die ers­ten, sub­ti­len Anzeichen für eine be­gin­nen­de Lahmheit oder eine schmerz­haf­te Grunderkrankung. Eine früh­zei­ti­ge Abklärung kann Schlimmeres verhindern.

Warum ist ein pen­deln­der Schweif beim Pferd ein gu­tes Zeichen?

Ein lo­cker im Takt der Bewegung pen­deln­der Schweif ist ein wich­ti­ges Zeichen für Losgelassenheit. Losgelassenheit be­deu­tet, dass das Pferd kör­per­lich und men­tal ent­spannt ist und kei­ne aku­ten Schmerzen oder star­ken Stress empfindet.

guest
0 Kommentare
Neusten
Ältesten Meist bewerteten
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen

Dr. Veronika Klein

Ähnliche Podcast-Episoden
Newsletter abonnieren