Ein Gespräch mit Annica Hansen (@woelbchen)
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Einleitung: Veränderung beginnt in Dir
Herzlich willkommen bei Kernkompetenz Pferd! Hier dreht sich alles um fundiertes Wissen für dich und dein Pferd – für eure Gesundheit und eure Partnerschaft. Oft wünschen wir uns Veränderungen in der Pferdewelt, sei es von Verbänden, Tierärzten oder anderen Institutionen. Doch was, wenn die wichtigste Veränderung bei uns selbst beginnt?
Genau darüber habe ich kürzlich mit Annica Hansen gesprochen, vielen bekannt als @woelbchen von Instagram. Unser Gespräch drehte sich um die persönliche Reise, die viele von uns Pferdemenschen antreten: Persönlichkeitsentwicklung als Pferdemensch. Denn so oft haben Trainingsprobleme oder Schwierigkeiten im Alltag mit dem Pferd tiefere Wurzeln – in uns selbst. Annica hat diese Reise sehr bewusst angetreten und teilt ihre Erfahrungen hier ganz offen.
Wenn das Training zur Zerreißprobe wird: Eine ehrliche Bestandsaufnahme
Persönliche Veränderung wird oft durch schmerzhafte oder frustrierende Erfahrungen angestoßen. Annica erinnert sich an eine Situation mit ihrer Stute Wölbchen vor vielen Jahren, die sie bis heute nicht vergessen hat. Wölbchen weigerte sich damals vehement, rechtsherum zu laufen – sie stieg, bockte, trat aus und ging durch.
Annica steckte mitten in ehrgeizigen Turniervorbereitungen und fühlte sich von ihrer Stute sabotiert. Ihre Gedanken damals: „Sie will mich ärgern“, „Sie macht das extra“, „Sie ist undankbar und verhält sich scheiße“. Die Wut und der Frust kochten so hoch, dass Annica schließlich abstieg, Wölbchen auf dem Platz stehen ließ und einfach nach Hause fuhr – überzeugt davon, im Recht zu sein und dass sich schon jemand kümmern würde. Aus heutiger Sicht eine Situation, für die sie sich an den Kopf fasst, die aber exemplarisch dafür steht, wie wenig wir manchmal über unser Handeln und die Perspektive des Pferdes nachdenken, wenn Emotionen und Druck überhandnehmen.
Die Falle der Interpretation: Warum wir Pferdeverhalten oft falsch deuten
Annicas damalige Reaktion – Wut, das Gefühl, persönlich angegriffen zu werden – ist typisch menschlich, aber im Kontext Pferd oft eine Sackgasse. Ihre Gedanken waren: „Das Pferd will mir schaden“, „Das ist unfair“. Wir neigen dazu, unseren Pferden komplexe, menschliche Motive wie Gehässigkeit oder Berechnung zu unterstellen.
Doch wie Annica heute weiß: Kein Pferd steht morgens auf und denkt sich: „Heute ärgere ich die Alte mal so richtig.“ Pferde reagieren auf ihr Umfeld, ihren Körperzustand, ihre Emotionen. Widerstand im Training hat oft Ursachen, die wir übersehen, wenn wir uns persönlich angegriffen fühlen:
- Schmerzen
- Körperliche Einschränkungen
- Unpassendes Training oder Ausrüstung
- Angst oder Unsicherheit
- Missverständnisse in der Kommunikation
Der erste Schritt zur Veränderung ist, diese persönlichen Interpretationen zu hinterfragen und die Möglichkeit in Betracht zu ziehen, dass das Pferd nicht gegen uns arbeitet, sondern uns vielleicht etwas Wichtiges mitteilt.
Der Druck von außen und innen: Funktionieren müssen im Pferdesport
Warum reagieren wir oft so emotional und persönlich auf das Verhalten unserer Pferde? Ein Faktor ist der immense Druck, der oft auf uns lastet. Das Hobby Pferd ist zeit- und kostenintensiv. Viele haben sportliche Ambitionen, wollen Erfolge sehen, Turniere reiten oder einfach nur, dass das „Investment“ sich in Form von Freude und funktionierender Partnerschaft auszahlt.
Wir leben zudem in einer Gesellschaft, die Funktionieren belohnt. Schwäche zeigen, Emotionen zulassen, mal nicht „performen“ – das fällt vielen schwer. Dieses Muster übertragen wir oft unbewusst auf unsere Pferde. Sie sollen funktionieren, und wenn sie es nicht tun, fühlen wir uns gescheitert oder unser Ego gekränkt. Annica identifizierte sich damals stark mit ihrer Rolle als „Amateur-Turnierreiterin“. Dieser Wunsch, einer bestimmten Vorstellung zu entsprechen, machte sie blind für die eigentlichen Bedürfnisse ihres Pferdes und ihre eigenen wahren Gefühle.

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Der Wendepunkt: Wenn das Bauchgefühl lauter wird als der Ehrgeiz
Bei Annica führte eine Kombination aus mehreren Faktoren zum Umdenken: gesundheitliche Probleme bei ihrem Pferd Kobi, das Gefühl, als Reiterin an Grenzen zu stoßen, ein schwerer Sturz und ein tiefes, nagendes Bauchgefühl, dass etwas grundlegend nicht stimmt. Sie hatte keinen Spaß mehr, fühlte Beklemmung statt Freude im Stall.
Der entscheidende Auslöser war eine simple Frage ihres pferde-unerfahrenen Freundes: „Warum machst du das eigentlich? Das hört sich gar nicht nach Spaß an.“ Diese Frage traf ins Schwarze und brachte Annica dazu, ihre Motive radikal zu hinterfragen: Ego, Bestätigungssuche, die Identifikation mit einer Rolle, die ihr mehr Stress als Freude bereitete.
Sie traf mutige Entscheidungen:
- Sie beendete Reitbeteiligungen, um die volle Verantwortung und Kontrolle über das Management ihrer eigenen Pferde zu haben.
- Sie beschloss, bei ihrer Stute Kobi schonungslos ehrlich hinzuschauen, auch wenn die Fakten schmerzhaft waren.
- Sie suchte sich Unterstützung von Menschen, die ihre neue Ausrichtung teilten und kein Interesse daran hatten, sie in eine bestimmte Leistungs-Schublade zu pressen.
- Sie warf die alte Identität als „Sportreiterin“ über Bord und erlaubte sich, neu zu entdecken, was ihr wirklich Freude macht.
Dieser Prozess des ehrlichen Hinschauens und der Neuausrichtung war der Schlüssel, um aus dem alten Kreislauf von Frustration, Druck und Missverständnissen auszubrechen.
Identität im Wandel: Abschied von alten Rollen und der Mut zur Lücke
Eine alte Identität loszulassen – sei es die der Turnierreiterin, der „immer verfügbaren“ Tierärztin oder einer anderen Rolle, mit der wir uns stark identifiziert haben – ist oft schmerzhaft. Es entsteht eine Leere, ein Gefühl des Nicht-Dazugehörens. Alte Freundschaften und Netzwerke können zerbrechen, wenn die gemeinsamen Interessen und Aktivitäten wegfallen.
Sowohl Annica als auch ich haben diese Erfahrung gemacht. Man fühlt sich vielleicht isoliert und hat das Bedürfnis, diese Lücke schnell mit etwas Neuem zu füllen. Auch das Umfeld erwartet oft, dass man sich schnell neu definiert, damit man wieder in eine Schublade passt. „Ach, jetzt ist sie die, die nur noch im Gelände unterwegs ist“ oder „Die, die jetzt gegen den Sport ist“.
Der wichtigste, aber auch schwierigste Teil ist, diesen Raum des „Nicht-Wissens“ auszuhalten. Sich selbst die Erlaubnis zu geben, auf dem Weg zu sein, Dinge auszuprobieren, ohne sich sofort festlegen zu müssen. Denn erst aus dieser Offenheit kann eine neue, authentischere Identität erwachsen.
Ehrlichkeit als Kompass: Der Schlüssel zu echter Verbindung
Annicas Reise zeigt eindrücklich: Radikale Ehrlichkeit sich selbst gegenüber ist der Kern der Veränderung. Das bedeutet nicht, andere ungefiltert zu kritisieren, sondern:
- Die eigenen Gefühle wahrzunehmen und anzuerkennen (auch die unbequemen wie Angst, Wut, Trauer).
- Das eigene Bauchgefühl ernst zu nehmen, auch wenn es gegen äußere Erwartungen oder alte Gewohnheiten spricht.
- Sich einzugestehen, wenn man an Grenzen stößt oder Hilfe braucht.
- Sich selbst mit Milde und Verständnis zu begegnen, statt sich für „Fehler“ oder „Schwächen“ zu verurteilen.
Diese Ehrlichkeit ermöglicht es, Situationen klarer zu sehen, die Bedürfnisse des Pferdes besser wahrzunehmen und Entscheidungen zu treffen, die im Einklang mit den eigenen Werten stehen. Sie ist die Basis für eine tiefere, authentischere Verbindung – zu sich selbst und zum Pferd. Wenn wir aufhören, uns selbst und anderen etwas vorzumachen, entsteht Raum für echtes Wachstum und Freude.
Dein Weg, deine Veränderung: Inspiration statt Forderung
Die Veränderung in der Pferdewelt, die sich so viele wünschen, beginnt nicht mit Forderungen an andere, sondern mit der Bereitschaft, bei sich selbst hinzuschauen. Wenn wir unsere eigenen Muster, Ängste und Glaubenssätze erkennen und bearbeiten, verändert sich automatisch unser Umgang mit dem Pferd.
Indem wir unseren eigenen Weg gehen, ehrlich sind und vielleicht auch unkonventionelle Entscheidungen treffen, können wir zur Inspiration für andere werden. Annicas offener Umgang mit ihrer Reise hat viele Menschen angestoßen, eigene Themen zu reflektieren – oft erst nach anfänglichem Widerstand, wie sie schmunzelnd erzählt. Wenn uns etwas triggert oder wir ein schlechtes Gewissen bekommen, liegt dahinter oft eine Einladung, genauer hinzuschauen.
Fazit: Wer bist du als Pferdemensch – und wer möchtest du sein?
Annicas Geschichte mit Wölbchen begann mit Frust und einer gefühlten Sackgasse. Ihre Reise der Persönlichkeitsentwicklung führte sie zu einem neuen Verständnis von sich selbst und ihrer Beziehung zu Pferden. Sie hat die alte Identität der „ängstlichen Reiterin“, die sich von äußeren Umständen und inneren Unsicherheiten leiten ließ, hinter sich gelassen.
Heute beschreibt sie ihre Identität als ehrlich und integer, als jemand, der genau hinschaut. Ich würde hinzufügen: Sie ist zu einem mutigen Pferdemensch geworden – mutig genug, ehrlich zu sein, alte Muster zu durchbrechen und ihren eigenen Weg zu gehen.
Diese Reise steht jedem offen. Es geht nicht darum, „fertig“ zu werden oder immer nur glücklich zu sein, sondern darum, bewusster mit sich, dem Pferd und den Herausforderungen des Lebens umzugehen und eine tiefere, ehrlichere Verbindung aufzubauen.
Dein nächster Schritt: Vertiefe dein Wissen im Trainingskurs
Wenn du dich auf deiner eigenen Reise befindest und dein Pferd nicht nur mental, sondern auch körperlich optimal unterstützen möchtest, dann lade ich dich herzlich zu meinem Kurs Trainingsplanung aus medizinischer Sicht ein.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Das Gefühl kennen viele Reiter, wie auch Annica Hansen es beschrieb. Die entscheidende Erkenntnis ist jedoch oft, dass Pferde selten aus reiner Bosheit handeln. Verhalten, das wir als “ärgern” interpretieren (wie Wölbchens Weigerung, rechtsherum zu gehen), hat häufig tiefere Ursachen – zum Beispiel unerkannte Schmerzen, Angst, Überforderung oder Missverständnisse in der Kommunikation. Der erste Schritt ist, die eigene Interpretation (“Das Pferd will mich ärgern”) zu hinterfragen und stattdessen neugierig nach dem wahren Grund für das Verhalten zu suchen.
Diese Unterscheidung ist nicht immer einfach und erfordert genaues Hinsehen. Ein wichtiges Werkzeug ist dein Bauchgefühl – oft spüren wir intuitiv, wenn etwas nicht stimmt, auch wenn wir es nicht benennen können. Plötzliche Verhaltensänderungen, unerklärlicher Widerstand im Training oder zunehmende Ängstlichkeit sollten immer Anlass sein, gesundheitliche Ursachen durch Fachexperten (Tierarzt, Osteopath, etc.) abklären zu lassen, bevor man es als reinen Unwillen abtut. Ehrlichkeit sich selbst gegenüber ist hier entscheidend: Rede dir nichts schön, sondern schau genau hin.
Ja, absolut. Frust, Wut oder Enttäuschung sind menschliche Emotionen, die auch im Umgang mit Pferden aufkommen können, besonders wenn Dinge nicht wie gewünscht laufen. Wichtig ist nicht, dass diese Gefühle da sind, sondern wie wir damit umgehen. Statt die Emotionen ungefiltert am Pferd auszulassen (wie Annica es in ihrer alten Geschichte tat), geht es darum, sie bei sich wahrzunehmen, kurz innezuhalten und dann bewusst zu entscheiden, wie man reagiert – idealerweise nicht impulsiv, sondern lösungsorientiert und fair dem Pferd gegenüber. Selbstmitgefühl spielt hier eine große Rolle.
Deine innere Verfassung hat direkten Einfluss auf dein Pferd. Wenn du durch Persönlichkeitsentwicklung lernst, deine eigenen Muster, Ängste, Triggerpunkte und Bedürfnisse besser zu verstehen, wirst du im Umgang mit deinem Pferd oft ruhiger, klarer, geduldiger und authentischer. Du nimmst Verhaltensweisen des Pferdes weniger persönlich, kannst seine Signale besser deuten und ehrlicher kommunizieren. Das schafft Vertrauen, reduziert Missverständnisse und ermöglicht eine tiefere, harmonischere Partnerschaft – oft lösen sich dadurch “Trainingsprobleme” fast von selbst.
Das ist eine reale Herausforderung auf dem Weg der Veränderung. Wenn du beginnst, Dinge anders zu sehen, alte Rollen (wie die des ehrgeizigen Turnierreiters) abzulegen und mehr auf dein Bauchgefühl zu hören, kann das bei deinem bisherigen Umfeld auf Unverständnis oder sogar Ablehnung stoßen. Wie Annica und Veronika im Podcast beschrieben, kann das bedeuten, dass sich Freundschaften verändern oder sogar enden. Es erfordert Mut, den eigenen Weg zu gehen und sich treu zu bleiben, auch wenn man damit aneckt. Langfristig führt dieser Weg aber zu mehr Authentizität und oft auch zu neuen Kontakten, die besser zu deiner neuen Identität passen.
Was für eine schöne Podcast-Folge 🙂
Konnte es in sehr vielen Teilen mitfühlen ☺️