Das wichtigste in Kürze
» Klare Ziele sind entscheidend:
Eine erfolgreiche Behandlung beginnt damit, dass Pferdebesitzer und Therapeut gemeinsam ein klares und realistisches Ziel definieren. Ohne ein gemeinsames Ziel sind Missverständnisse und Frustration vorprogrammiert.
» Kommunikation ist der Schlüssel:
Der beste Therapeut kann ohne die Mitarbeit des Besitzers wenig ausrichten. Empathie, aktives Zuhören und das Abholen des Besitzers in seinen Sorgen und Bedürfnissen sind oft wichtiger als die Behandlungstechnik selbst.
» Selbstfürsorge des Therapeuten beeinflusst das Ergebnis:
Ein gestresster, überarbeiteter Therapeut kann keine Entspannung ins Pferd bringen. Die eigene mentale und körperliche Gesundheit der Fachkräfte ist eine direkte Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Behandlung.
Was braucht es für eine erfolgreiche Behandlung beim Pferd?
Jeder Pferdebesitzer wünscht sich eine schnelle und nachhaltige Lösung, wenn das eigene Pferd gesundheitliche Probleme hat. Man ruft einen Therapeuten, in der Hoffnung, dass dieser das Pferd “richtet” und danach alles wieder wie gewohnt weiterläuft. Doch was macht eine Behandlung wirklich erfolgreich und zielführend? Die Antwort ist vielschichtiger als gedacht und beginnt oft nicht am Pferd, sondern beim Menschen. In dieser Episode gibt es einen tiefen Einblick in die Welt der Pferdetherapeuten und Tierärzte. Gemeinsam mit Dr. Silke Paret spreche ich über die oft unsichtbaren, aber entscheidenden Aspekte einer erfolgreichen Behandlung und die Herausforderungen, denen sich Fachkräfte täglich stellen.
Die Macht klarer Ziele: Mehr als nur “gesund erhalten”
Der erste und vielleicht wichtigste Schritt ist die Definition des Ziels. Was bedeutet “erfolgreich” für dich als Besitzer? Geht es darum, dass ein 25-jähriges Pony nächste Woche eine S‑Dressur gehen soll, oder möchtest du verstehen, wo ein Problem herkommt, um dein Pferd langfristig gesund zu erhalten? Ein vager Wunsch wie “Gesunderhaltung” ist schwer greifbar. Erst wenn Therapeut und Besitzer ein gemeinsames, realistisches Ziel erarbeiten, kann ein klarer Weg eingeschlagen werden. Ohne diese Klarheit ist es fast unmöglich, den Erfolg einer Maßnahme zu bewerten.
Das Commitment des Besitzers als Schlüssel zum Erfolg

Ein Therapeut kann Impulse setzen, doch die eigentliche Veränderung findet im Alltag des Pferdes statt. Deshalb ist das Commitment des Besitzers unerlässlich. Bist du bereit, über den Behandlungstermin hinaus an Stellschrauben wie Haltung, Fütterung oder Training zu drehen? Der Pferdebesitzer ist der Experte für sein Pferd und entscheidet über alle Aspekte des täglichen Lebens.
Ein noch so guter Therapeut ist machtlos, wenn der Besitzer nicht aktiv mitarbeitet und die Verantwortung für die Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen übernimmt. In diesem Zusammenhang ist auch eine gute Bodenarbeit als gesunderhaltendes Pferdetraining ein wertvolles Werkzeug.
Die fachliche Kompetenz des Therapeuten
Natürlich braucht es für den Erfolg auch eine exzellent ausgebildete Fachkraft. Der Markt für Ausbildungen im Pferdebereich ist riesig, doch nicht jede Schule vermittelt das nötige Tiefenwissen, um das komplexe System Pferd zu verstehen. Ein guter Therapeut blickt über den Tellerrand der reinen Manualtherapie hinaus. Er erkennt Grunderkrankungen, versteht Zusammenhänge und weiß, wann er an einen Tierarzt oder einen anderen Spezialisten verweisen muss.
Die unsichtbare Hürde: Kommunikation zwischen Therapeut und Pferdebesitzer

Viele Therapeuten und Tierärzte starten in ihren Beruf, weil sie Tieren helfen wollen. In der Praxis stellen sie schnell fest, dass ein riesiger Teil ihrer Arbeit die Kommunikation mit den Menschen ist. Und genau hier liegt oft die größte Herausforderung und gleichzeitig das größte Potenzial.
Vom Tier- zum Menschenversteher
Man kann die beste Technik beherrschen – wenn der Besitzer nicht mit im Boot ist, bleibt der langfristige Erfolg aus. Das bedeutet, sich auf die unterschiedlichsten Menschen einzulassen: von der jungen Mutter, die an der Kasse arbeitet, bis zum wohlhabenden Anwesenbesitzer. Jeder Mensch hat ein anderes Weltbild, andere Sorgen und andere Möglichkeiten. Sich innerhalb von Minuten auf ein neues Gegenüber einzustellen, erfordert ein hohes Maß an Empathie und Flexibilität.
Empathie und aktives Zuhören als Werkzeug
Manchmal ist das Wichtigste, was ein Therapeut tun kann, einfach nur zuzuhören. Was ist die größte Sorge des Besitzers? Was braucht er heute wirklich? Oft ist es hilfreicher, eine halbe Stunde in ein Gespräch zu investieren und den Besitzer emotional abzuholen, als stur einen Behandlungsplan durchzuziehen. Ein offenes Ohr kann mehr Blockaden lösen als mancher Handgriff. Diese Form der Achtsamkeit ist auch die Basis für eine vertrauensvolle Beziehung, wie sie beispielsweise in der Trust Technique für dein Pferd & Achtsamkeit für Dich gelehrt wird.
Das Paradoxon: Gesundheit bringen, aber die eigene vernachlässigen?
Ein Thema, das oft im Verborgenen bleibt, ist die Gesundheit der Therapeuten selbst. Viele Fachkräfte im Pferdebereich, angetrieben von Idealismus und einem Helfersyndrom, stellen sich und ihre eigenen Bedürfnisse konsequent hinten an.
Selbstfürsorge ist kein Luxus, sondern ein Muss
Ein Therapeut, der von Termin zu Termin hetzt, kaum isst oder schläft und unter finanziellem Druck steht, bringt eine gestresste Energie mit zum Pferd. Wie soll man Entspannung vermitteln, wenn man selbst bis zum Anschlag angespannt ist? Das Pferd als feinfühliges Wesen spürt diese Anspannung sofort. Die Qualität der Behandlung leidet massiv, wenn die eigenen Ressourcen erschöpft sind. Nur wer gut für sich selbst sorgt, hat die nötige Energie und Ruhe, um sich voll und ganz auf das Pferd und seinen Besitzer einzulassen.
Der Einfluss von Stress auf die Behandlungsqualität
Wenn die eigenen Grundbedürfnisse nicht gedeckt sind, schaltet das System auf Überlebensmodus. Der Fokus liegt dann unbewusst darauf, schnellstmöglich den nächsten Termin zu schaffen, um die eigene Miete zu bezahlen. Für das Wahrnehmen feiner Signale des Pferdes oder die Bedürfnisse des Besitzers bleibt dann kaum noch Raum. Der Pferdebesitzer spürt das: Der Therapeut wirkt gehetzt, hört nicht richtig zu und die Behandlung fühlt sich oberflächlich an.
BWL und Mindset: Warum Therapeuten auch Unternehmer sind
Viele Therapeuten sind Idealisten, für die das Thema Geld oft unangenehm ist. Doch eine solide betriebswirtschaftliche Grundlage (BWL) und ein gesundes unternehmerisches Mindset sind entscheidend. Es geht nicht darum, reich zu werden, sondern darum, den eigenen Beruf so auszuüben, dass er das eigene Leben trägt. Nur wer seine Finanzen im Griff hat, kann ohne permanenten Druck arbeiten und sich die Zeit für eine qualitativ hochwertige Behandlung nehmen. Ein solider Rahmen, der Dogmen vermeidet, ist auch im Tensegralen Training ein wichtiger Aspekt.
Weniger ist mehr: Warum Aktionismus dem Pferd schaden kann
Die Pferdewelt ist laut. Überall gibt es Ratschläge, Produkte und Trainingsmethoden, die man unbedingt ausprobieren muss. Dieser Druck führt oft zu blindem Aktionismus – sowohl bei Besitzern als auch bei Therapeuten.
Vom Sende- in den Empfangsmodus wechseln
Anstatt mit einem festen Plan zum Pferd zu kommen und ihm “Entspannung aufzuzwingen”, ist es oft wirkungsvoller, erst einmal in den Empfangsmodus zu gehen. Den Raum öffnen und das Pferd fragen: “Wie geht es dir heute? Was brauchst du gerade?” Pferde leben im Moment. Wenn wir mit unseren Gedanken schon beim nächsten To-do sind, verpassen wir die wertvolle nonverbale Kommunikation des Tieres. Ein Pferd mit Magenproblemen braucht vielleicht an einem Tag eine sanfte Berührung und an einem anderen eine gezielte Mobilisation.
Die Kunst des Weglassens und im Moment sein
Manchmal ist die beste Entscheidung, weniger zu tun oder etwas bewusst wegzulassen. Es erfordert Mut, nicht alle denkbaren Techniken anzuwenden, sondern sich auf das zu beschränken, was Pferd und Mensch in diesem Moment aufnehmen können. Das Ziel sollte nicht sein, einen Plan abzuhaken, sondern den schönsten und heilsamsten Moment zu schaffen, der jetzt gerade möglich ist. Es geht darum, sich an die Faszination und Demut zu erinnern, mit der wir alle einmal dem Lebewesen Pferd begegnet sind.
Austausch und Weiterbildung für Therapeuten
Die meisten Pferdetherapeuten sind als Einzelkämpfer unterwegs und vermissen den fachlichen und menschlichen Austausch, den man aus einer Gemeinschaftspraxis kennt. Netzwerke und Mentoring-Programme, wie sie die Tierärztin Silke Paret anbietet, sind daher unglaublich wertvoll. Sie bieten einen geschützten Raum, um Fälle zu besprechen, sich über die menschlichen Herausforderungen auszutauschen und die eigene Arbeit zu reflektieren.
Davon profitieren am Ende alle: die Therapeuten, die ihren Beruf mit mehr Freude und weniger Stress ausüben, und vor allem die Pferdebesitzer, die eine motivierte, ausgeglichene und hochkompetente Fachkraft an ihrer Seite haben. Auch der im Podcast erwähnte Trainingskurs für Fachkräfte von Kernkompetenz-Pferd bietet hier eine wertvolle Anlaufstelle.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Deine Rolle ist entscheidend. Du bist der wichtigste Partner des Therapeuten. Deine Aufgaben sind, offen über Ziele und Sorgen zu kommunizieren, Beobachtungen zu teilen und die vereinbarten Übungen oder Management-Anpassungen im Alltag konsequent umzusetzen
Ein guter Therapeut hat eine fundierte Ausbildung, bildet sich stetig weiter und schaut über den Tellerrand. Er nimmt sich Zeit für dich und dein Pferd, hört aktiv zu, erklärt seine Vorgehensweise verständlich und setzt realistische Ziele gemeinsam mit dir.
Die Behandlung ist nur ein kleiner Teil des Heilungsprozesses. Der Großteil findet in der Zeit zwischen den Terminen statt. Nur durch offene Kommunikation kann der Therapeut verstehen, was dein Pferd wirklich braucht und wie er dich am besten unterstützen kann, die Therapie im Alltag erfolgreich umzusetzen.
Ja, absolut. Auch wenn eine vollständige Heilung nicht immer möglich ist, kann eine gute therapeutische Begleitung die Lebensqualität deines Pferdes erheblich verbessern, Schmerzen lindern und dir helfen, eine wunderschöne Zeit mit deinem Pferd zu verbringen, trotz der Einschränkungen.
Sprich es offen an! Ein professioneller Therapeut wird deine Bedenken ernst nehmen. Gemeinsam könnt ihr die Situation analysieren, die Ziele neu bewerten und den Behandlungsplan anpassen. Manchmal braucht es auch eine zweite Meinung oder die Ergänzung durch einen anderen Spezialisten.