Das wichtigste in Kürze
» Falsche Annahmen:
Tierärzte wissen nicht immer alles.
Auch sie können nicht immer eine Diagnose stellen.
Zudem ist Teilzeit-Arbeit kein Zeichen für mangelndes Engagement.
» Wahre Game-Changer:
Neben technischen Errungenschaften wie digitalem Röntgen und Praxismanagement-Software sind die größten Veränderungen oft persönlicher Natur: eine gelebte Fehlerkultur, die Erlaubnis, Pausen zu machen, und die Erkenntnis, sich auch um die eigene Gesundheit zu kümmern.
» Berufung:
Auch wenn die Arbeit mit Pferden ein Kindheitstraum war, bedeutet das nicht, dass es keine anderen Interessen oder gar eine andere Berufung geben darf. Die Arbeit mit Pferden ist eine Herzensangelegenheit, aber die eigene Gesundheit sollte dabei nicht zu kurz kommen.
Manchmal sind die besten Gespräche die, die ungefiltert stattfinden – vor allem, wenn es um das Tierarzt-Dasein geht. In der neuesten Folge von “Tierarzt ungefiltert” sprechen Veronika und Lena offen und ehrlich über ihre Gedankenwelt. Von humorvollen Anekdoten über Haustiere bis hin zu den größten Game-Changern im Berufsleben: Sie beleuchten nicht nur die fachliche Seite, sondern auch die menschlichen Herausforderungen, die mit dieser Berufung einhergehen. Dies zeigt, dass das Leben eines Tierarztes viel mehr ist als nur die Arbeit mit Pferden.
Katze vs. Goldesel: Welches Haustier würde der Tierarzt wählen?
Was wäre, wenn man sich heute ein neues Haustier anschaffen müsste? Eine Frage, die mehr über das Tierarzt-Leben verrät, als man denkt. Lena, als Katzenliebhaberin, würde sich sofort wieder für eine Katze entscheiden. Sie schätzt deren Selbstständigkeit, das beruhigende Schnurren und die relativ unkomplizierte Pflege, die auch mal eine kurze Abwesenheit der Besitzer verzeiht. Veronika hingegen würde, halb im Spaß, einen Goldesel wählen – ein Tier, das nicht nur liebenswert, sondern auch finanziell unkompliziert ist.
Der Gedanke hinter dieser humorvollen Wahl ist jedoch ernst: Jedes Tier erfordert Zeit, Energie und finanzielle Verantwortung. Fische, wie sie Veronika in ihrer WG-Zeit miterlebt hat, bieten zwar wenig Aufwand, geben aber auch wenig persönliche Beziehung zurück. Eine intensive Bindung, die den Alltag bereichert, ist etwas, das viele Tierbesitzer schätzen. Das führt zu der Frage, wie man die artgerechte Haltung in Einklang mit dem eigenen Lebensstil bringt.
Social Media: Was nervt uns am meisten?
Social Media ist Fluch und Segen zugleich. Es bietet eine Plattform für Austausch, doch es gibt auch Inhalte, die einfach nur frustrieren. Die größte Nervensäge: “Kennst du das auch?”-Videos. Diese werbliche Masche empfinden viele als manipulativ und aufdringlich. Auch überzogene Werbeanzeigen, insbesondere von Futtermittelherstellern, die auf die Ängste der Pferdebesitzer abzielen, stoßen auf Kritik.
Am schlimmsten jedoch sind Shitstorms und die öffentliche Zurschaustellung von Missständen. Während das Bewusstsein für Tierschutz absolut wichtig ist, trägt die Art und Weise der Darstellung oft nicht zur Lösung bei. Stattdessen werden Gräben vertieft und die Online-Diskussionen werden von Negativität beherrscht. Dies zeigt, wie entscheidend die eigene Medienkompetenz ist, um die Inhalte kritisch zu hinterfragen. Schließlich entscheidet der Algorithmus darüber, was wir sehen und formt somit unsere Wahrnehmung der Realität.
Falsche Annahmen über Tierärzte: Vom Halbgott in Weiß zum Teilzeit-Elan
Viele glauben, ein Tierarzt wisse immer alles und könne sofort eine genaue Diagnose stellen. Die Realität sieht oft anders aus. Gerade in der Praxis zeigt sich, dass selbst mit moderner Technik nicht immer der exakte Erreger oder die genaue Ursache einer Lahmheit gefunden werden kann. Dies ist frustrierend, sowohl für den Tierarzt als auch für den Pferdebesitzer, der verständlicherweise eine klare Antwort erwartet.
Eine weitere falsche Annahme, die vor allem Tierärztinnen mit Familie betrifft: Teilzeitarbeit bedeutet, eine schlechtere Leistung zu erbringen. Im Gegenteil, die Flexibilität ermöglicht es, sich intensiver in einzelne Fälle zu vertiefen. Das Klischee, dass eine gute Familie und ein gutes Berufsleben sich ausschließen, ist veraltet. Es ist wichtig, auch mit den eigenen Misserfolgen und Schwächen offen umzugehen und ein unterstützendes Team zu haben, das dies ermöglicht.
Nicht nur Pferd, sondern Mensch: Über Geld, Epigenetik und neue Berufungen
Viele Jahre dachte Veronika, ihr Leben drehe sich ausschließlich um Pferde. Doch in den letzten zehn Jahren hat sich ihre Perspektive stark gewandelt. Neben der Pferdegesundheit beschäftigt sie sich intensiv mit der Epigenetik und Menschengesundheit. Sie ist der Ansicht, dass beide Welten eng miteinander verbunden sind, da die Gesundheit des Pferdebesitzers maßgeblich die des Pferdes beeinflusst.
Ein weiteres sensibles Thema ist Geld. In der Pferdewelt herrscht oft die Annahme, Tierärzte würden nur aus Profitgründen arbeiten, während diese selbst oft das Gefühl haben, ihre Leidenschaft würde nicht ausreichend honoriert. Veronika vertritt einen ausgewogenen Ansatz: Leidenschaft und der Wunsch, einen positiven Mehrwert zu schaffen, dürfen Hand in Hand gehen mit dem Ziel, ein überdurchschnittlich gutes Leben führen zu können. Dieser offene Umgang mit dem Thema Finanzen ist in der Branche noch selten, aber essenziell für nachhaltigen Erfolg.
Game-Changer im Berufsleben: Von digitalen Röntgenbildern und der eigenen Work-Life-Balance
Technologische Fortschritte haben den Berufsalltag von Tierärzten revolutioniert. Das digitale, kabellose Röntgen hat die Diagnosefindung enorm beschleunigt und vereinfacht. Auch Praxismanagement-Programme, die Terminvergabe und Medikamentenverwaltung digitalisieren, sparen wertvolle Zeit. Dennoch bleibt die menschliche Note essenziell: Auch wenn die Technik vieles erleichtert, ist es nach wie vor wichtig, Notizen zu machen, um sich an Details zu erinnern.
Abseits der Technik liegt der wahre Game-Changer in der persönlichen Entwicklung. Der Wechsel von der Klinik in die Fahrpraxis und die Erkenntnis, Pausen als feste Bestandteile des Alltags zu etablieren, waren entscheidend. Die größte Veränderung aber war die Loslösung von dem Helfer-Syndrom. Die Erkenntnis, dass man nicht der Retter sein muss, der rund um die Uhr erreichbar ist, sondern sich auch um die eigene Gesundheit kümmern darf, schafft Raum für neue Ideen.
Ausblick: Was macht eine Berufung aus?
Darf man sich aus einer Berufung befreien? Diese Frage klingt paradox, ist aber für viele, die in einem leidenschaftlichen Beruf arbeiten, hochrelevant. Eine Berufung sollte einen nicht auffressen. Es muss Raum zum Atmen, für Familie und andere Interessen bleiben. Wer sich das zugesteht, kann seine Arbeit langfristig mit Freude und Elan ausüben. Nur wer sich um seine eigene Gesundheit kümmert, kann nachhaltig für andere da sein. Der Weg von der reinen Pferdeliebe zu einem ganzheitlichen Lebenskonzept ist eine persönliche Reise, die viele Tierärzte und Pferdebesitzer teilen.