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Kolik-OP beim Pferd: Von der Diagnose bis zur Nachsorge

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Inhaltsverzeichnis

Bauchschmerzen beim Pferd – ein Albtraum für je­den Pferdebesitzer. Der Begriff “Kolik” ist ein Sammelbegriff für Schmerzen im Bauchraum und kann von leich­ten Blähungen bis hin zu le­bens­be­droh­li­chen Darmverschlingungen al­les be­deu­ten. Doch wann ist eine Klinikeinweisung wirk­lich nö­tig und was pas­siert bei ei­ner Kolik-OP ge­nau? In die­ser Folge be­leuch­ten wir ge­mein­sam mit dem er­fah­re­nen Chirurgen Carsten Rohde von der Pferdeklinik am Kottenforst den ge­sam­ten Prozess – von den ers­ten Anzeichen über die Entscheidung zur Operation bis hin zur wich­ti­gen Nachsorge.

Bild von dem Tierarzt Carsten Rohde

Warum das Frühjahr die klassische Kolik-Saison ist

Jeder Reiter kennt es: Wenn die Weidesaison be­ginnt, steigt die Sorge vor Koliken. Das Frühjahr ist durch die Futterumstellung tra­di­tio­nell eine Hochrisikozeit. Das fri­sche, frukt­an­rei­che Gras kann zu Aufgasungen und Dickdarmverlagerungen füh­ren. Auch das Wetter spielt eine Rolle. Während ein Frühjahr mal ru­hi­ger sein kann, er­le­ben Kliniken in an­de­ren Jahren, be­son­ders im Mai, ei­nen ex­tre­men Anstieg an Kolik-Patienten, die ope­riert wer­den müssen.

Im Gegensatz dazu ste­hen im Herbst und Winter eher Verstopfungskoliken im Vordergrund. Wenn die Temperaturen sin­ken, trin­ken vie­le Pferde deut­lich we­ni­ger, vor al­lem wenn ih­nen kein lau­war­mes Wasser zur Verfügung steht. Der Darminhalt wird tro­cke­ner und kann nicht mehr rich­tig wei­ter­trans­por­tiert wer­den. Das Risiko Kolik steigt. Hier kön­nen Pferdebesitzer vor­beu­gend han­deln, in­dem sie das Trinkverhalten ih­rer Pferde im Auge behalten.

Die häufigsten Ursachen für eine Kolik-Operation

Nicht jede Kolik muss ope­riert wer­den, doch bei ei­ni­gen Diagnosen ist ein chir­ur­gi­scher Eingriff un­um­gäng­lich. Die Ursachen kön­nen je nach Alter des Pferdes variieren:

  • Dickdarmverlagerungen und ‑ver­dre­hun­gen: Oft im Frühjahr durch die Futterumstellung begünstigt.
  • Dünndarmabschnürungen (Strangulationen): Diese sind be­son­ders kri­tisch. Bei äl­te­ren Pferden (ab ca. 15 Jahren) ist die häu­figs­te Ursache ein so­ge­nann­tes Lipom. Das ist ein gut­ar­ti­ges Fettgeschwulst, das am Aufhängeband des Dünndarms wächst und sich wie eine Schlinge um den Darm le­gen kann. Eine sol­che Strangulation er­for­dert fast im­mer die Entfernung des be­trof­fe­nen Darmabschnitts.

Die Nachsorge nach ei­ner Dünndarm-OP ist oft sehr in­ten­siv. Je län­ger der Darm vor der OP ab­ge­schnürt war, des­to län­ger dau­ert es, bis er sei­ne nor­ma­le Funktion wie­der auf­nimmt. Die Darmwand wird über­dehnt, ver­liert ihre Funktionalität und die na­tür­li­che Peristaltik wird un­ter­bro­chen. Es kann Tage, manch­mal so­gar Wochen dau­ern, bis al­les wie­der rei­bungs­los funktioniert.

Symptome und Ursachen von Koliken

Der Weg in die Klinik : Was passiert bei der Einlieferung?

Die Entscheidung, ein Pferd in die Klinik zu fah­ren, ist im­mer mit gro­ßer Unsicherheit ver­bun­den. Doch nicht jede Einweisung führt di­rekt in den OP. Zuerst durch­läuft das Pferd ei­nen stan­dar­di­sier­ten Untersuchungsprozess, um die Ursache und den Schweregrad der Kolik zu bestimmen.

  1. Allgemeinuntersuchung: Puls, Atmung, Temperatur und die Farbe der Schleimhäute ge­ben ers­te Hinweise auf den Kreislaufzustand.
  2. Rektale Untersuchung: Dies ist ein zen­tra­les Element, um Verlagerungen, Aufgasungen oder fühl­ba­re Dünndarmschlingen zu ertasten.
  3. Nasen-Schlund-Sonde: Hiermit wird über­prüft, ob Mageninhalt zu­rück­fließt (Reflux), was auf ei­nen Verschluss im Dünndarm hindeutet.
  4. Blutuntersuchung: Werte wie das Laktat ge­ben wich­ti­ge Hinweise auf die Durchblutung und den Zustand der Darmwand. Ein ho­her Laktatwert ist ein pro­gnos­tisch eher un­güns­ti­ges Zeichen.
  5. Bauchhöhlenpunktion & Ultraschall: Eine Untersuchung der Bauchhöhlenflüssigkeit und ein Ultraschall kön­nen zu­sätz­li­che Informationen über den Zustand der Darmwände und ent­zünd­li­che Prozesse liefern.

Basierend auf die­sen um­fas­sen­den Untersuchungen ent­schei­det das Klinikteam, ob eine Operation not­wen­dig ist oder ob eine kon­ser­va­ti­ve Behandlung ausreicht.

Ein Blick in den OP: Der Ablauf einer Kolik-Operation

Fällt die Entscheidung für eine Kolik-OP, wird al­les schnell und rou­ti­niert vor­be­rei­tet. Oft wird der Bauch be­reits im Stehen ge­scho­ren, um die Narkosezeit so kurz wie mög­lich zu halten.

  • Narkose und Vorbereitung: Das Pferd er­hält ei­nen Venenzugang und wird in eine Kurznarkose ge­legt, um es si­cher auf den OP-Tisch zu la­gern. Dort wird es an ein Beatmungsgerät an­ge­schlos­sen und die Narkose wird kon­ti­nu­ier­lich überwacht.
  • Der Zugang: Der Chirurg macht ei­nen ca. 25 cm lan­gen Schnitt in der Bauchmitte, um in die Bauchhöhle zu gelangen.
  • Systematische Untersuchung: Der Schlüssel zum Erfolg ist ein stan­dar­di­sier­tes Vorgehen. Der Chirurg un­ter­sucht sys­te­ma­tisch alle Darmabschnitte, um die Ursache zu fin­den. Aufgegaste Darmteile wer­den ent­las­tet, um Platz zu schaf­fen. Verlagerungen wer­den kor­ri­giert und bei ei­ner Strangulation wird das Problem ge­löst. Beschädigte Darmteile müs­sen un­ter Umständen ent­fernt werden.
  • Schonende Behandlung: Ein wich­ti­ges Prinzip ist es, den Darm so we­nig wie mög­lich zu ma­ni­pu­lie­ren. Die Oberfläche des Darms ist sehr emp­find­lich. Grobe Behandlung kann zu Verklebungen und spä­te­ren Verwachsungen füh­ren, die wie­der­um Koliken aus­lö­sen können.
  • Der Verschluss: Bevor der Bauch ver­schlos­sen wird, wird die Bauchhöhle gründ­lich ge­spült. Die Bauchwand wird in drei Schichten ver­näht. Eine spe­zi­el­le Decknaht und ein Bauchverband schüt­zen die Wunde zusätzlich.
Stück Darm von einem Pferd

(Bild Quelle: Veterinärpathologie Leipzig)

Nach der Operation: Die kritische Aufsteh- und Heilungsphase

Die Kolik-OP ist ge­schafft, doch die kri­tischs­te Zeit steht oft noch be­vor. Die gro­ße Sorge vie­ler Besitzer gilt der Aufstehphase. Die gute Nachricht: Dank mo­der­ner Narkoseverfahren sind schwe­re Komplikationen wie ein Beinbruch ex­trem sel­ten ge­wor­den (ca. 0,2 %). Die meis­ten Pferde ste­hen im ers­ten oder zwei­ten Versuch si­cher auf.

Ein ent­schei­den­der Faktor für eine gute Heilung ist die Wundversorgung. Viele Kliniken nut­zen heu­te eine Vakuumpumpe auf der Bauchnaht. Dieser Unterdruckverband för­dert die Durchblutung, die Sauerstoffzufuhr und re­du­ziert das Risiko von Wundheilungsstörungen dras­tisch – ein ech­ter “Game Changer”.

Die Bauchdecke er­reicht nach etwa 60 Tagen ihre ma­xi­ma­le Festigkeit. Ab die­sem Zeitpunkt kann bei kom­pli­ka­ti­ons­lo­ser Heilung wie­der mit leich­tem Training be­gon­nen werden.

Lohnt sich eine Kolik-OP auch bei alten Pferden?

Früher war ein Alter von 17 Jahren oft ein Grund, von ei­ner OP ab­zu­se­hen. Heute hat sich die­se Einstellung grund­le­gend ge­än­dert. Alter ist kei­ne Krankheit. Die Prognose hängt nicht vom Alter ab, son­dern vom Allgemeinzustand des Pferdes und der zu er­war­ten­den Lebensqualität nach dem Eingriff. Begleiterkrankungen wie Cushing oder EMS spie­len bei der Entscheidung eine grö­ße­re Rolle. Oft sind Besitzer dank­bar, wenn sie ih­rem Senior noch zwei oder drei gute Jahre schen­ken können.

Was die Prognose wirklich beeinflusst

Zusammenfassend lässt sich sa­gen, dass fol­gen­de Faktoren die Prognose maß­geb­lich beeinflussen:

  • Der Zustand bei der Einlieferung: Eine hohe Herzfrequenz, schlech­te Schleimhäute und ein schlech­ter Kreislaufzustand sind un­güns­ti­ge Zeichen.
  • Die Dauer der Kolik: Je frü­her das Pferd in der Klinik vor­ge­stellt wird, des­to bes­ser sind die Chancen.
  • Die Laborwerte: Insbesondere ein ho­her Laktatwert im Blut oder in der Bauchhöhlenflüssigkeit deu­tet auf mas­siv ge­schä­dig­tes Darmgewebe hin.
  • Der Befund in der OP: Eine ein­fa­che Verlagerung hat eine bes­se­re Prognose als eine Dünndarmstrangulation, bei der ein gro­ßes Stück Darm ent­fernt wer­den muss.

Die Kostenfrage: Warum eine OP-Versicherung sinnvoll ist

Eine Kolik-Operation ist teu­er. Die Kosten für Personal, Technik und die in­ten­si­ve Nachsorge sind in den letz­ten Jahren er­heb­lich ge­stie­gen. Eine OP-Versicherung ist da­her für je­den Pferdebesitzer rat­sam, der nicht über gro­ße fi­nan­zi­el­le Rücklagen ver­fügt. Sie ist eine Risikoversicherung, die im Ernstfall eine im­mense Last von den Schultern nimmt. Sie er­mög­licht es, die Entscheidung für oder ge­gen eine Operation rein auf me­di­zi­ni­scher Basis und im bes­ten Interesse des Pferdes zu tref­fen, ohne sich Sorgen um die Finanzen ma­chen zu müssen.

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Häufig gestellte Fragen

Was sind die häu­figs­ten Ursachen für eine Kolik-OP beim Pferd?

Die häu­figs­ten Ursachen, die eine Operation er­for­dern, sind Dickdarmverlagerungen und ‑ver­dre­hun­gen so­wie Dünndarmabschnürungen. Bei äl­te­ren Pferden ist oft ein ge­stiel­tes Lipom (ein gut­ar­ti­ges Fettgeschwulst) der Auslöser für eine Dünndarmstrangulation.

Wie hoch ist die Überlebenschance nach ei­ner Kolik-OP?

Die Prognose hängt stark von der Ursache der Kolik, der Dauer der Symptome vor der OP und dem Zustand des Pferdes bei der Einlieferung ab. Bei ei­ner ein­fa­chen Dickdarmverlagerung sind die Chancen sehr gut. Bei ei­ner Dünndarm-OP mit Entfernung von Darmteilen ist die Prognose erns­ter, aber dank mo­der­ner Medizin und Nachsorge im­mer noch gut.

Lohnt sich eine Kolik-OP bei ei­nem al­ten Pferd?

Ja, das Alter al­lein ist kein Ausschlusskriterium. Die Entscheidung hängt viel­mehr von der all­ge­mei­nen Gesundheit, even­tu­el­len Begleiterkrankungen (wie Cushing oder EMS) und der zu er­war­ten­den Lebensqualität nach der Operation ab. Viele Pferde le­ben auch nach ei­ner OP im ho­hen Alter noch meh­re­re Jahre glücklich.

Wie lan­ge dau­ert die Nachsorge nach ei­ner Kolik-OP?

Die Bauchwand er­reicht nach etwa 60 Tagen wie­der ihre vol­le Belastbarkeit. Nach die­ser Zeit kann bei ei­nem kom­pli­ka­ti­ons­lo­sen Heilungsverlauf wie­der mit leich­tem Training wie Longieren be­gon­nen wer­den. Die voll­stän­di­ge Regeneration des Darms kann, be­son­ders nach Entfernung von Darmteilen, meh­re­re Wochen bis Monate dauern.

Was kos­tet eine Kolik-OP beim Pferd?

Die Kosten für eine Kolik-Operation kön­nen er­heb­lich sein und va­ri­ie­ren je nach Klinik, Dauer der OP und Intensität der Nachsorge. Sie lie­gen in der Regel im fünf­stel­li­gen Bereich. Eine OP-Versicherung ist da­her drin­gend zu emp­feh­len, um im Notfall die fi­nan­zi­el­le Belastung zu reduzieren.

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Dr. Veronika Klein

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